GENERAL:

·        Grammar and expression are mostly, but not always corrected. If it was not clear what the writer wanted to say/express word order and syntax is kept as it originally was.

·        Names of people differ in the spelling used by the writer(-s) and could thus be actually spelled differently.

KEY:

(grey) personal/explaining comments (I. Bednarz)

(?)       – not sure about transcription, translation or meaning

[…]      – unreadable word

[---]     – unreadable or cut passage

 

G3-G5:                                                                                                                                             

Schaafheim, den 17ten Februar 1867

Lieber Schwager und Schwester,

wenn euch mein Schreiben antrifft wie es mich und uns alle verlässt, so soll es uns alle freuen. Den 16ten Februar habe ich deinen Brief richtig erhalten, aber keine erfreuliche Nachricht habe ich darin gelesen. Eure Mutter hat euch mit dem Georg Winter gar nichts geschickt als zwei Seidenbinden zum Gastgeschenk. Den Wechsel, den der Georg Winter hatte, der war sein Eigentum. Weil er sich in Schaafheim schon sehr schlecht betragen hatte, so hatte ihm ein Vater diesen Wechsel gegeben zuversichtlich, dass er das Geld mit über Wasser bringt. Briefe hat er keine gehabt, denn die Briefe sind ja vor ihm hergegangen. Sein Vater hatte einen Brief an euch geschrieben, der war von deiner Mutter unterzeichnet, weil wir geglaubt haben, du tätest ihn nicht [lesen] können, den anderen hat er geschrieben, der war ihm aber vordiktiert.

Sei deswegen ganz unbesorgt. Dein Geld, was du noch zu bekommen hast, steht noch in guter Hand, du kommst um keinen Heller (altdeutsche Münze).

Aber ich, mein lieber Schwager und Schwester, jetzt denkt euch einen solchen Schrecken für diese Eltern, wo man jeden Tag hoffte Antwort von dem Sohn und lebt in voller Freude, da man gewusst hatte, er ist bei euch und geht bei euch in die Kosten. Auf einmal kommt eine solche Antwort, da denkt euch einmal einen Schrecken für Eltern. Ich wollte diesen Brief gar nicht zeigen als sein Vater zu mir kam und sagte zu mir „du hast einen Brief bekommen“, da sind mir gleich die Augen übergegangen. Er bittet mich doch zu sehr zeige mir doch den Brief. Es mag ja darin stehen was will. Ich sage euch noch mal diesen Jammer könnt ihr euch nicht denken, den das schlechte Subjekt (Mensch) seinen Eltern gemacht hat.

Lieber Schwager und Schwester, für mich nach Amerika zu reisen ist sehr bedenklich. Ich bin ein Mann, ich werde diesen Herbst 48 Jahre alt und bin nicht mehr so fest auf meiner Brust wie ich war. Ich habe zwei kleine Kinder, mein Sohn wird bis zum 24ten Juli 3 Jahre alt und meine Tochter bis zum 14ten März 1 Jahr.

Dann kann man seine Güter aber nicht so verkaufen wie früher, man müsste sie gar unterm Preis verkaufen und meiner Schwiegermutter müsste ich 200 Gulden zurücklassen. Wir haben sehr viele Kriegskosten zu bezahlen, das Großherzogtum Hessen muss 3 Millionen Gulden bezahlen und von dem Oberhessen ein Stück Land abtreten. Das Bayernland muss 30 Millionen Gulden bezahlen und […] Land abtreten als/wie an den König von Preußen. Man fürchtet immer noch es ist noch keine Ruhe in Deutschland. Sollte es der Fall sein, dass ich mich doch noch dieses Jahr entschließe diese Reise mit Frau und Kindern zu machen, so kann es aber vor Spätherbst nicht geschehen bis ich alles geerntet habe. Sonst hätte ich sehr großen Schaden. Das vorige Jahr bin ich sehr unglücklich gewesen. Es sind mir zwei Schweine krepiert von einem Wert von 60 Gulden. Ich habe sehr viel zu bestreiten. Es wird zu wenig auf der Profession verdient, weil es zu schlecht bezahlt wird.

Lieber Schwager und Schwester, mit der Abbildung konnte ich euren Wunsch noch nicht erfüllen. Es ist beschwerlicher bei uns als bei euch, wenn mir Gott das Leben noch weiter schenkt, so will ich mich und meinen Sohn auf ein Bild stellen lassen.

Ich will schließen, noch will ich euch bemerken, dass ihr darüber dem Heinrich Winter und seiner Frau nicht falsch sein könnt, dass sich der böse Bub solchen Ausdrucks bediente. Ihr wäret die schlechtesten in Deutschland gewesen, das hat mir sein Vater gleich empfohlen, ich sollte euch schreiben, davon hätten sie mit ihrem Sohn ihre Lebtage nichts gesprochen, er wäre ein Lügner.

Lieber Schwager und Schwester, ich habe wohl eine schöne Wohnung, alles auf meinen Wunsche in die Reihe machen lassen, aber ich habe alle Jahr gar viel zu bezahlen. Ich habe dieses Jahr zwei Kühe und ein großes Rind, das Pachtgut ist sehr teuer. Ich muss jedes Jahr 150 Gulden Pachtgeld bezahlen. Voriges Jahr haben wir eine schlechte Ernte gehabt. So wenig Korn haben wir schon lange Jahre nicht bekommen. Ich habe zwei Lehrjungen, das ist nun für mich gut, die verdienen mir doch mein Geld. Ahne, dass ich ihnen etwas bezahlen muss.

So will ich nun schließen und macht euch keine Sorgen, denn Kummer macht alt vor der Zeit. Ich glaube ganz gewiss, wenn wir noch einmal auf dieser Welt zusammenkommen, wir würden unseren Schlaf vergessen. Sollte es der Fall nicht sein, so wollen wir hoffen aufs Wiedersehen in der anderen Welt. Ich muss schließen dann, meine Zeit ist mir immer zu kurz dagewesen.

So seid mir dann vieltausendmal gegrüßt und viele Grüße von uns allen

Ludwig Hitschler

Schaafheim
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English translation G3-G5:

Schaafheim, February 17, 1867

Dear brother-in-law and sister,

If my letter reaches you how it leaves me and all of us, we will be very glad. I received your letter correctly February 16th, but I didn’t read pleasant news in it. Your mother didn’t send you anything through Georg Winter than two silk clothes as a guest present. The bill of exchange that Georg Winter had was his property. Because his behavior was very bad in Schaafheim already his father gave him this bill of exchange, confident that he would bring the money with him across the water. He did not have any letters since the letters were sent before his arrival. His father had written a letter to you that was signed by your mother because we thought you couldn’t [read] it, the other letter was written by him but it was dictated to him.

Don’t worry about that. Your money that you are about to receive is still in good hands, you won’t lose any heller (old German coin/analogous to penny).

But me, dear brother-in-law and sister, imagine this shock for the parents. Every day they hope for an answer from their son and lived full of joy because they know he is with you and is financially supported by you. Suddenly, there is this answer, imagine such a shock for the parents. At first, I didn’t want to show the letter when his father came to me and said “you received a letter”, I was overwhelmed. He asks me too badly, show me this letter, whatever may be written in it. I tell you again, you can’t imagine the concern that this bad person caused for his parents.

Dear brother-in-law and sister, for me it is very dubious/critical. I am a man, I will turn 48 this fall and I am not that tight on my chest as I was before (meaning he is not that fit anymore). I have two little children, my son turns 3 July 24th and my daughter 1 March 14th.

Also, one can’t sell his goods the way as before, one would have to sell them below price and I would have to leave my mother-in-law 200 guilder. We have to pay a lot of war costs, the Grand Duchy of Hesse has to pay 3 million guilder and surrender a piece of land of Upper Hesse. Bavaria needs to pay 30 million guilder and surrender […] land than/as to the King of Prussia. One is still afraid that there is no peace in Germany yet. In case I decide to make the journey this year with wife and children it will not be before late fall until I will have reaped everything. Otherwise I would have extensive damage. Last year I was very unlucky. Two of my pigs perished worth 60 guilder. I have a lot to pay/deal with. This profession doesn’t provide enough earnings because the payments/prices are too bad/low.

Dear brother-in-law and sister, I wasn’t able to fulfil your wish with the picture yet. It is more difficult here than at your place. If God will continue giving me my life, I want to let someone take a picture of me and my son.

I want to close but also, I want to remark that you can’t think badly of Heinrich Winter and his wife because of their son using such an expression. “You were the worst in Germany” – his father immediately recommended to write you that they had never spoken about such a thing with their son, he is a liar.

Dear brother-in-law, I have a nice flat, everything made up at my desire but I have to pay a lot. This year I have two cows and a big steer, the lease is very expensive. Each year I have to pay 150 guilder of lease. Last year we had a bad crop. We haven’t had that little grain for years. I have two apprentice boys, which is good for me since they earn my money. You can guess that I have to pay them, too.

So, I want to close now and don’t worry because sorrow makes you old before the time. I believe for sure, if we meet again on this world, we will forget about our sleep. If we don’t, let us hope for a reunion in the other world. I need to close now, I have always been short of time.

Be greeted a thousand times and regards from us all

Ludwig Hitschler

Schaafheim